Rückblicke

Diesen kleinen Text habe ich während der großen Chemo 2014 anläßlich der Geburt meiner Tochter Emily geschrieben. Ich war unglaublich dankbar, dass ich diesen Moment erleben durfte. Denn es hätte auch ganz anders kommen können:


"Ach, was kann die Welt doch schön sein!" dachte ich und kuschelte mich noch tiefer in mein Bett. Das Zimmer lag in angenehmem dunklen Dämmerlicht und ich schloß meine Augen und träumte weiter so vor mich hin. "Im Grunde" dachte ich, "führe ich hier doch ein recht angenehmes Leben."

Ich drehte mich nochmal genüßlich um, zog meine Beine an und legte den Kopf auf meine angewinkelten Arme. Geräusche drangen von draußen in mein Zimmer. Irgendwas war da mal wieder los. Ich lauschte angestrengt, aber ich konnte nicht ausmachen, warum dort wieder ein so hektisches Treiben herrschte. Na, mir konnte es ja schließlich auch egal sein. Ich kuschelte mich also noch tiefer in mein Kissen und wollte einfach nur meine Ruhe genießen.

JA, NIX WAR MIT RUHE!

Urplötzlich riss irgend so ein Idiot die Tür voll auf! Gleißend helles Licht brach in das Zimmer und zwang mich meine Augen zu schließen. Die selben Stimmen, die ich vorhin draußen gehört hatte, klangen nun laut und schrill. Mehrere Leute redeten da wild durcheinander und es klang dabei teilweise beängstigend befehlerisch.

Plötzlich griff man nach mir. Angst machte sich in mir breit und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wurde ich jetzt entführt? Was wollten die Leute von mir? Wieso schnappten sie sich ausgerechnet mich? Wo bringen sie mich hin?

Unsanft wurde ich erst aus meinem Bett und dann sogar aus dem ganzen Zimmer gezerrt. Ich hatte meine Augen immer noch verschlossen und traute mich nun auch überhaupt nicht mehr sie zu öffnen. Ich verstand die Welt nicht mehr. Gerade eben noch lag ich im Bett und wollte nur schlafen und im nächsten Moment befand ich mich in den Händen eines Überfallkommandos. Außerdem wurde mir kalt - fürchterlich kalt! Werdet ihr doch mal mitten in der Nacht überfallen, aus eurem Bett gezerrt und einfach rücksichtslos auf die Straße gesetzt!

Ich hatte fürchterliche Angst und traute mich nicht einmal mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Heimlich blinzelte ich etwas durch die Augenlider, sah aber nur verschwommen wie schon wieder irgendwer oder irgendetwas auf mich zukam. Reflexartig machte ich die Augen wieder zu.

Dann wurde ich wieder unsanft angepackt und woanders hinverfrachtet. Wenigstens war es hier etwas wärmer. Irgendwer hatte sogar erbarmen mit mir und legte dankenswerterweise eine Decke um mich. Diese Person hatte wohl wenigstens etwas Verständnis für meine Lage und konnte nachvollziehen das einem kalt ist, wenn man mitten in der Nacht einfach so vor die Tür gesetzt wird.

Ja, nun lag ich hier, immer noch voller Angst und Schrecken, und wußte auch immer noch nicht so recht was geschehen war und wo ich nun war. Ganz vorsichtig öffnete ich wieder leicht meine Augen. Vor mir sah ich eine Frau. Ich hatte sie noch nie gesehen, aber sie kam mir irgendwie so ganz vertraut vor. Das beruhigte mich etwas und nahm mir auch glücklicherweise etwas von der Angst die ich die ganze Zeit über hatte. Ich spürte richtig wie sich die ganze Anspannung langsam in meinem Körper löste und ich gähnte mir nun erst einmal den Schlaf aus dem Leib, denn an Schlaf war nun ganz und gar nicht mehr zu denken. Ich schaute die Frau wieder an. Sie machte einen glücklichen Eindruck und lächelte sogar, obwohl sie sehr erschöpft aussah. Sie sah mich an und in ihren Augen glänzte Glücklichkeit und Liebe. Und dann sagte sie zu mir:


"Willkommen in unserer Mitte, kleine Emily Marie"

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