Die Erstbehandlung

Am Freitag, den 8. August bekam ich die Diagnose um die Ohren: akute myeloische Leukämie!

"Na, klasse dachte ich" und prompt verließ mich mein Blutdruck und ich rutschte ohnmächtig vom Stuhl. So eine Nachricht ist eine Ohrfeige vom Feinsten. Für mich hieß das Chemo und vorerst 8 Wochen Klinik am Stück.

Es folgte noch am gleichen Tag eine Knochenmarkpunktion. Im Blut hatte ich die herrlichste Leukämieausprägung. Normal sind zwischen 4000 bis 10000 Leukozyten. Ab 50000 spricht man schon von katastrophal. Ich hatte bei Einlieferung lockere 249000 zu bieten.

Niemals hätte ich mit so einer Diagnose gerechnet. Krebs ist in unserer Familiengeschichte ein Fremdwort. Herzinfarkt, Schlaganfall, Kreislauf. Das sind unsere "Killer". Aber Krebs? Kein Gedanke und nun lag ich da.

Einfach jetzt sterben kam für mich nicht in Frage. Aber dennoch hatte ich viel im Kopf zu verarbeiten. In den Tagen und Wochen fantasierte ich nachts viel rum. Reihenweise führte ich in Gedanken Diskussionen mit Ärzten, Familie und Bekannten. So sehr, dass ich nur noch schwer unterscheiden konnte, ob eine Unterhaltung tatsächlich oder nur in meiner Fantasie stattgefunden hat.

Ich machte 2 Langzeit-Chemos und 3 Hochdosis-Chemos. Der erste Block verlief für mich weitestgehend problemlos. Ab dem zweiten bekam ich die Nebenwirkungen zu spüren. Ich nahm von 80 auf 66 Kilo ab, um dann innerhalb von 3 Tagen wieder auf 86 Kilo hochzugehen. Wasser! überall Wasser in meinem Körper. Albumin fehlte mir. Nachdem mir dies per Vene "nachgeliefert" wurde, normalisierte sich das auch wieder.

Im November war ich dann so schwach, dass ich bettlägerig war und künstlich ernährt wurde. Ich hatte mir eine Entzündung des Darms eingefangen und konnte ausschließlich lauwarmen Kamillentee zu mir nehmen. Die Bettpfanne ist eine schlimme Erfahrung. Die Hilflosigkeit und das Ausgeliefert sein tritt die Psyche mit Füßen.

Meine letzte Hochdosis bekam ich im Dezember und ich bin froh und dankbar, dass die Chemo-Pausen so lagen, dass ich sowohl Weihnachten als auch Silvester zu Hause sein durfte.

Am 14. Januar 2015 sollte ich entlassen werden. Dummerweise wollten die noch vormittags eine Darmspiegelung machen. Damit wäre wegen der Narkose meine Entlassung um einen Tag verschoben worden. Da hatte ich entschieden was gegen und verzichtete deshalb auf die Narkose. Ich hatte so einen Krankenhauskoller, dass ich nur noch raus und ganz weit weg von allem Weißen wollte.

So saß ich dann tatsächlich ab 13 Uhr mit gepackten Koffern, Kappe auf dem Kopf und Jacke über dem Arm im Zimmer und wartete auf Ärzte und Entlassungsbrief.

Um 17 Uhr war es dann so weit und die Ärztin drückte mir den Entlassungsbrief in die Hand. Ich bedankte mich bei und dem ganzen Team für mein Leben. Man bekommt es nicht jeden Tag geschenkt.

Und dann wartete die frisch gewonnene Freiheit auf mich.

Es folgte eine Reha die ich eigentlich gar nicht wollte. Seit dem Rollstuhl im November hatte ich mir meine Kräfte komplett allein wiedergeholt und verließ auf eigenen Beinen die Klinik und fühlte mich wohl. Ab Mai begann dann die Wiedereingliederung und zog sich doch eine ganze Weile hin. Aber schlussendlich stand ich dann bald wieder in Arbeit.

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